Die „Steine der Erinnerung“ erinnern an jene, die von den Nazis aus dem „Achten“ (8.- Bezirk in Wien) deportiert und getötet wurden. Inzwischen gibt es den Verein, der sich darum kümmert, seit 10 Jahren.
Es sei ein Projekt von „Berufung“. Das sagt Irmtraut Karlsson über die „Steine der Erinnerung“ in der Josefstadt. Gemeinsam mit Manfred Kerry hat sie vor genau zehn Jahren den Verein gegründet, der sich dafür einsetzt, an jene zu erinnern, die einst von den Nazis aus der Josefstadt vertrieben oder deportiert wurden.
Zu diesem Zweck wurden an verschiedenen Orten im 8. Bezirk mittlerweile 33 Steine in den Boden gelegt, die die Namen und Geburtsdaten der Opfer sowie das Datum und den Zielort ihrer Deportation tragen. Karlsson hat als erste Station das Gymnasium in der Albertgasse gewählt. Nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs wurden Schulen im Geiste des Nationalsozialismus umgestaltet. Lehrer wurden aus politischen und rassischen Gründen versetzt oder entlassen, die NS-Ideologie bestimmte die Lehrpläne. Dem Gymnasium in der Albertgasse kam in dieser Zeit eine besondere Rolle zu: Sie wurde zur sogenannten „Sammelschule“ in Wien. Dort wurden 1938 jüdische Schüler aus verschiedenen Bezirken zwangsweise zusammengefasst, später wurden diese Klassen aufgelöst. Wem die Flucht nicht gelang, wurde vertrieben, verfolgt, deportiert.
Die nächste Station liegt gleich gegenüber der Schule, es ist der Ludo-Hartmann-Hof. Jüdische Mieter wurden nach dem „Anschluss“ blitzartig aus den Gemeindebauten vertrieben. Eine von ihnen war die Konzertpianistin Margit Lessing. Sie wurde 1939 zuerst in diverse Sammelwohnungen in der Leopoldstadt gebracht, 1942 nach Theresienstadt und von dort weiter ins KZ Auschwitz deportiert, wo sie 1944 ermordet wurde. Während der Spaziergang mit Irmtraut Karlsson weiter Richtung Dr.-Kronawetter-Hof in die Pfeilgasse führt, erzählt sie von Fritz Löhner-Beda, dessen Geschichte exemplarisch für diese Zeit steht. Er hatte seine Wohnung in der Lange Gasse und war vor allem dafür bekannt, für Franz Lehár getextet zu haben. Er habe ein „falsches Vertrauen in die Anständigkeit dieses Regimes“ gehabt, so Karlsson. „So schlimm wird es schon nicht werden“, soll er gesagt haben.
Unmittelbar nach der Machtergreifung durch die Nazis wurde er verhaftet. Auch sein Freund Lehár, einer der Lieblingskomponisten Adolf Hitlers, half ihm nicht, wie Löhner-Beda gehofft hatte. Er wurde 1942 in Auschwitz ermordet. Abseits der Vertriebenen und Ermordeten sei in der immer schon bürgerlich geprägten Josefstadt vor allem das Thema der „Arisierung“, also der Raub jüdischen Besitzes, zentral, so Karlsson. Diese Geschichten sind leider zahlreich, der Verein „Steine der Erinnerung“ hat sie recherchiert und im Buch „… lebte in der Josefstadt“ dokumentiert. Und durch die Steine im Boden öffentlich sichtbar gemacht.
Warum Karlsson, die in den 1990er-Jahren für die SPÖ im Nationalrat gesessen ist, vor zehn Jahren damit in der Josefstadt angefangen hat? „Weil ich immer schon eine Antifaschistin war. Und auch wenn man die Zeit nicht mehr zurückdrehen kann, will ich zumindest dazu beitragen, dass es nie wieder geschieht.“ (bz-meinbezirk.at, 27.3.2017)